Die Bio-Anbaufläche in Deutschland soll in absehbarer Zeit auf 20% steigen. Das ist das Ziel der Bundesregierung. Doch wie kann die 20% Marke erreicht werden und hilft die Zielerreichung bio&faire Wertschöpfungsketten in Regionen zu erhalten bzw. aufzubauen?

Der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat natürlich nichts gegen dieses Ziel einzuwenden, hält für die Umsetzung allerdings eine Änderung in der Politik für dringend erforderlich. Der BÖLW nennt dafür 3 Grundvoraussetzungen:

• Aufstockung des Bio-Forschungsprogramms des Agrarministers für 2017 auf 60 Millionen
• Umstellungsförderungen so ausgestalten und absichern, dass konventionell wirtschaftende Betriebe für sich in der ökologischen Landwirtschaft eine echte Entwicklungschance sehen
• Mitarbeit aller Ressorts der Bundesregierung und der Bundesländer am 20% Ziel.

Dies sollte durch einen Kabinettsbeschluss und durch eine Agrarministerkonferenz als deutliches Signal zum Aufbruch sichergestellt werden. (BÖLW)
Auch der Anbauverband Bioland hat auf seiner Bundesdelegiertenversammlung im November im Hinblick auf das 20% Ökolandbauflächen-Ziel einen Forderungskatalog mit politischen Maßnahmen verabschiedet, der etwas mehr ins Detail geht. (Bioland)
Letzter Punkt ist die Forderung nach einer Internalisierung von Umweltkosten, der auch vom BÖLW immer wieder aufgestellt wird. Hierfür schlägt Bioland vor, z.B. Abgaben auf chemisch-synthetische Pestizide und mineralische Stickstoffdünger zu erheben.

Fairness braucht Lebensmittelpreise, die die ökologische und auch soziale Wahrheit sagen

Dieser Punkt ist für mich ein ganz zentraler: Die Umweltkosten, die durch die Landwirtschaft verursacht werden, müssen in den Lebensmittelpreisen enthalten sein. Deutlich wird das z.B. an der hohen Nitratbelastung des Grundwassers, schon ein Viertel aller Grundwasservorkommen ist davon betroffen, Tendenz steigend. Als ein wichtiger Verursacher wird die intensive Massentierhaltung gesehen. Die „Reparaturkosten“, um den Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter zu erzielen werden von der Allgemeinheit über Steuern bezahlt – die Fleischpreise bleiben billig. (Tagesschau)

Aber nicht nur die Umweltkosten – auch die sozialen Kosten sind einzubeziehen. Richtig ist, dass immer mehr Bio bei uns nachgefragt wird. Längst ist Bio auch für den konventionellen Lebensmittelhandel attraktiv. In meinen Gesprächen mit Bio-Herstellern klagen diese schon jetzt über den stärker werdenden Preisdruck. Denn trotz steigender Nachfrage wird die Konkurrenz größer. Es gibt Hersteller, die billiger produzieren können, weil sie Bio-Rohstoffe aus dem Ausland beziehen. Diese sind häufig billiger als heimische Rohstoffe, unter anderem auch wegen der niedrigeren Arbeitskosten und geringeren sozialen Standards. Ein heimischer Ökolandwirt kann da nicht mithalten, bei uns sind die sozialen Standards und arbeitsrechtlichen Bestimmungen höher. Faire Partnerschaften und langjährige Geschäftsbeziehungen zwischen Bio-Erzeugern und Bio-Herstellern, die beiden Seiten Sicherheit bieten, können meiner Meinung nach aber nur be- oder entstehen, wenn die Lebensmittelpreise stimmen.

Für bio&faire Wertschöpfungsketten in Regionen

Damit unsere Landwirtschaft nachhaltiger wirtschaften kann und somit die Umweltfolgen wie Klimawandel, Trinkwasserbelastung, Rückgang der Biodiversität und die damit verbundenen Kosten reduziert werden, reicht eine höhere Ökolandbauförderung allein nicht aus. Wir brauchen Lebensmittelpreise die endlich die ökologische und die soziale Wahrheit sagen. Dann können wir auch bio&faire Wertschöpfungsketten in Regionen bewahren oder aufbauen! Und davon profitieren letztlich wir alle: die Regionen, die Menschen die dort leben und arbeiten, die Umwelt und die Tiere.

Anke Schekahn

 

Zwei Tipps zum Thema:

Unsere Website http://www.biofair-vereint.de/regional/ mit vielen Beiträgen zu bio&fairen Wertschöpfungsketten in Regionen

‚Was unser Essen wirklich kostet‘ ist eine Kampagne von ‚Nature and More‘ und IFOAM. Die Kampagne verfolgt den Ansatz, aufzuzeigen, was Lebensmittel an der Ladentheke kosten würden, wenn Umwelt- und soziale Kosten eingepreist wären. Erste Ergebnisse zeigen, dass Biolebensmittel unter Berücksichtigung dieser Kosten nicht teuer sind. Das Erklävideo dazu