Die ökologische Getreidezüchtung setzt auf patentfreie Sortenvielfalt für Biohöfe. Mit regional angepassten Sorten kämpft FairBio-Mitglied Spielberger Mühle gegen die Monopolstellung der Saatgutkonzerne.

Seit Jahrtausenden haben Menschen Saatgut ausgetauscht und weitergezüchtet. Die so entstandenen Sorten waren vielfältig, regional angepasst und nachbaufähig. Rund 1000 an Boden und Klima angepasste Weizensorten gab es früher in Deutschland. In den letzten Jahrzehnten findet jedoch eine zunehmende Monopolisierung in der herkömmlichen Saatgutzüchtung statt, durch die alte Sorten wie Einkorn und Emmer verdrängt werden.

Diese Entwicklung beeinflusst die Ernährung weltweit. Es existieren weltweit rund 30. 000 essbare Pflanzenarten, doch die Weltbevölkerung ernährt sich laut FAO von lediglich 30 Arten. Heute orientieren sich einige wenige Privatunternehmen in der Saatzucht überwiegend an den Ansprüchen der konventionellen Landwirtschaft und rücken Aspekte wie Ertragsmenge, weltweite Anbaufähigkeit, Herbizidresistenz und Patentierung in den Vordergrund.

„Für die Zukunft einer ökologischen Landwirtschaft sind jedoch andere Ziele entscheidend“, erklärt Dr. Isabell Hildermann, bei der Spielberger Mühle für die Qualitätsentwicklung verantwortlich. „In der biologischen und insbesondere in der biodynamischen Saatgutzüchtung stehen Schädlings- und Krankheitstoleranz, Reifefähigkeit, Ertragskraft, die Anpassungsfähigkeit an Standort und Klima sowie Geschmack und Bekömmlichkeit im Mittelpunkt“.

Um den globalen Gen-Schwund aufzuhalten, werden alte und seltene Sorten in Genbanken eingelagert. Doch in den Genbanken können die alten Kulturpflanzen lediglich konserviert, nicht aber weiterentwickelt werden. Dabei sind traditionelle Sorten besser an die lokalen Bedingungen angepasst als hochgezüchtete Arten aus den Labors. Indische Weizensorten etwa reagieren auf Dürre, indem sie ihre untersten Blätter abwerfen und so den Boden vor Austrocknung schützen. Die Hochleistungssorten liefern zwar maximale Erträge, sind aber zugleich anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Für ihren erfolgreichen Anbau sind chemisch-synthetische Düngemittel und Pflanzenschutzmittel meist unabdingbar.

Von diesen Strukturen will sich die Spielberger Mühle unabhängig machen und unterstützt die bio-dynamische Getreidezüchtung. Die Züchtung robuster, nachbaufähige Pflanzen ist zeit- und arbeitsaufwändig: die Entwicklung einer Sorte dauert zehn bis 12 Jahre und kostet mehr als 600. 000 Euro. Neben der finanziellen Unterstützung des Saatgutfonds der Zukunftsstiftung Landwirtschaft engagiert sich die Spielberger Mühle auch direkt in der Züchtungsarbeit.

„Gemeinsam mit unseren Partner-Landwirten wählen wir geeignete bio-dynamische Getreide-Sorten aus und werten die Ergebnisse aus. Wir beobachten verschiedene Anbauversuche und informieren unsere Landwirte über die Ergebnisse“, erläutert Isabell Hildermann. Die Beteiligung der ökologischen Betriebe an der Pflanzenzüchtung und der damit verbundenen Forschung ist für die Getreide-Expertin ein wichtiger Aspekt: „Die Züchtung findet auf den Höfen und nicht ausschließlich im Labor statt. So entsteht eine Vielfalt an patentfreien, widerstandsfähigen Sorten, die regionale Anforderungen optimal berücksichtigen.“

Weitere Infos:

www.zukunftsstiftung-landwirtschaft.de/saatgutfonds

www.saat-fuer-vielfalt.de

 

 

Foto: Spielberger Mühle