Drei von vier Menschen in Deutschland wollen ein Lieferkettengesetz – so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage.  Obwohl im Koalitionsvertrag schon lange vereinbart, wurde das Gesetz immer noch nicht umgesetzt.

Im Kakaoanbau an der Elfenbeinküste und in Ghana ist Kinderarbeit die Normalität, im Kaffeesektor decken die Weltmarktpreise seit Jahren nicht einmal 60 Prozent der Produktionskosten von Kleinbauern, und im Zuckerrohranbau in Nicaragua leiden viele Feldarbeiter wegen des Einsatzes von in Europa längst verbotenen gefährlichen Pestiziden an schweren Nierenschäden. Dies sind nur drei Beispiele für Fehlentwicklungen des globalen Nahrungsmittel-Marktes, dessen weltweite Wertschöpfungsketten Menschenrechtsverletzungen in Kauf nehmen oder gar bedingen. Bisher jedoch fühlen sich die wenigsten Unternehmen, die Rohwaren auf dem internationalen Markt einkaufen, für das verantwortlich, was am Anfang ihrer Lieferkette geschieht. Sie kaufen die Rohstoffe schließlich „nur“ ein, oftmals über Händler und betreiben die Plantagen und Höfe nicht selbst – so deren Argumentation.

 

Eine Gesetzesinitiative soll daran endlich etwas ändern: Angelehnt an die bereits 2011 verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte soll sie eine verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflicht etablieren. Diese verlangt von Unternehmen, dass sie die Menschenrechts-Risiken in ihren Lieferketten analysieren und Maßnahmen ergreifen, um sie zu minimieren. Für Demeter-Vorstand Alexander Gerber ist das Lieferkettengesetz überfällig: „Die Profite, die ohne Verantwortung für die Produktionsbedingungen entlang der Lieferketten erwirtschaftet werden, sind groß – zu Lasten der Menschen am Anfang der Lieferkette. Die Frage nach den Menschenrechten und generell nach der Art und Weise der Produktion kann nicht hinter die Zollschranke abgeschoben werden.“

An Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier , der gegen die Initiative im Kabinett mauert, appelliert Alexander Gerber: „Gerade hat uns Corona im eigenen Lande gezeigt, welche gravierenden Folgen es haben kann, wenn Unternehmen die Verantwortung für die Menschen in ihrer Produktion vollständig abgeben können.“. Es sei deshalb nicht nur wichtig, dass ein Lieferkettengesetz kommt, sondern auch, dass es kein zahnloser Tiger ist. „Und dazu gehört neben präzisen Anforderungen an den konkreten menschenrechtlichen Gehalt der Sorgfaltspflicht auch eine zivilrechtliche Haftung, die im Gesetz verankert ist.“

Dass Transparenz und die Umsetzung höherer Umweltstandards und fairer Arbeitsbedingungen bis in die tiefe Lieferkette möglich sind, zeigen sowohl große als auch kleine Unternehmen  schon heute ein gesetzlicher Rahmen wurde dafür jedoch noch nicht umgesetzt.

In einer aktuellen repräsentativen Umfrage von infratest dimap sprechen sich 75 Prozent der Befragten für ein Gesetz aus, mit dem deutsche Unternehmen künftig dafür sorgen müssten, dass ihre Produkte nicht unter Verletzung von Menschenrechten im Ausland hergestellt werden. 91 Prozent der Befragten geben an, dass es Aufgabe der Politik sei, dafür zu sorgen, dass deutsche Unternehmen auch bei ihren Auslandsgeschäften Menschenrechte und Sozialstandards achten.Die Umfrage auch eine hohe Zustimmung (83 Prozent) dafür, Umweltaspekte in ein Lieferkettengesetz aufzunehmen. Die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap im Auftrag von Germanwatch, einer Trägerorganisation der Initiative Lieferkettengesetz, im September 2020 durchgeführt. Befragt wurden 1.021 Personen.

 

Weiterführende Informationen:

Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage von infratest dimap finden Sie hier: https://lieferkettengesetz.de/wp-content/uploads/2020/09/infratest-dimap_Umfrage-Lieferkettengesetz.pdf