Kleinere Bio-Verarbeiter sind strukturell benachteiligt. Mit dem Projekt BioVerarbeitungStark will BÖLW-Projektleiterin Carola Krieger Lösungen finden, um dies zukünftig zu ändern. Im FairBio-Interview erklärt sie das Vorgehen.
Der Strukturwandel setzt handwerkliche Bio-Verarbeiter zunehmend unter Druck. Welche Probleme belasten den Mittelstand aus Ihrer Sicht aktuell am stärksten?
Die letzten Jahre waren insbesondere für mittelständische Unternehmen sehr herausfordernd. Dabei stellt vor allem die Vielzahl der Baustellen und weniger die einzelnen Belastungen die größte Herausforderung dar. Ein relevanter Aspekt sind sicherlich die stetig steigenden Anforderungen beispielsweise durch neue Dokumentations- und Berichtspflichten. Hinzu kommen derzeit starke Veränderungen im Absatz. Die Rekordumsätze während der Covid Pandemie motivierten viele Unternehmen zu Investitionen in neue Verarbeitungskapazitäten. Mit steigenden Inflationsraten änderte sich jedoch das Einkaufsverhalten der Endverbraucher:innen. Es folgten starke Marktverschiebungen. In den vergangenen zwei Jahren sind vor allem die Eigenmarken der Lebensmittelhändler gewachsen. Das hat insbesondere mittelständische Markenhersteller stark unter Druck gesetzt.
Die größte Herausforderung stellt jedoch die strukturelle Benachteiligung von mittelständischen Bio-Verarbeitungsbetrieben dar. Insbesondere Unternehmen mit hohem Bio-Anteil oder einer reinen Bio-Verarbeitung erbringen wertvolle gesellschaftliche Leistungen, die bisher nicht honoriert werden. Hier braucht es dringend eine angemessene Honorierung für die erbrachten Leistungen und gezielte Entlastungen. Leider wird die mittelständische Ernährungswirtschaft bei vielen neuen Vorgaben oftmals nicht berücksichtigt. So entstehen Auflagen, die sich an industriellen Großstrukturen orientieren, aber durch handwerkliche, mittelständische Unternehmen in der Praxis schlicht nicht umsetzbar sind.
Das Projekt BioVerarbeitungStark will die Benachteiligung der Mittelständler aufzeigen. In welcher Form wird die Praxis eingebunden?
Ein Schwerpunkt des Projekts sind unsere Fachgespräche. Wir fragen direkt in den Betrieb nach, wo der Schuh aus Sicht der Unternehmen drückt. Dabei werden alle Betriebsgrößen und Strukturen berücksichtig: von der kleinen Handwerksbäckerei über Molkereien bis hin zu größeren Betrieben in der Kartoffelverarbeitung und vom jungen Start-up bis zu etablierten Traditionsunternehmen. Genau diese Vielfalt in der Verarbeitungsstruktur braucht es letztlich, damit der Ökolandbau langfristig wachsen kann.
Welches konkrete Ziel soll mit dem Projekt bis Juli 2025 erreicht werden?
Am Projektende wird der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft und dem BMEL, dem Fördergeldgeber des Projekts, eine Liste mit konkreten und umsetzbaren Maßnahmen zur Stärkung der Unternehmen übergeben. Die Regelungen müssen in den Unternehmen wirklich spürbar greifen und sie in ihrem Alltag entlasten. Grundsätzlich braucht es eine umfassende politische Transformation und deshalb auch eine übergreifende Gesamtstrategie, die verschiedene Maßnahmen schlüssig miteinander verbindet.
Mit welchen Schritten können mittelständische Bio-Verarbeiter zeitnah unterstützt werden?
Eine wichtige Maßnahme wäre es, die Beratung und den Zugang zu Fördermitteln zu erleichtern. Es gibt in den meisten Bundesländern gute Programme für Bio-Verarbeitungsbetriebe, die jedoch vielen Akteuren gar nicht im Detail bekannt sind. Es gibt dazu kaum Beratungsangebote für die Unternehmen. Besonders hilfreich wäre zudem, wenn die regionale Wirtschaftsförderung auch den Lebensmittelbereich im Blick hätte. Bisher werden Förderprogramme überwiegend von den Landwirtschaftsbehörden verwaltet. Die “normale” Wirtschaftsförderung wird über die Wirtschaftsministerien koordiniert. Die Lebensmittelhersteller landen damit zwischen den Stühlen. Hier gibt es noch viel zu wenig Abstimmung und Kooperation, damit die Fördergelder tatsächlich genutzt werden können.
Welche politischen Maßnahmen können für mehr Fairness im Biomarkt sorgen?
Echte Fairness kann letztlich nur durch einen fairen Wettbewerb erreicht werden, bei dem erbrachte Gemeinwohlleistungen angemessen honoriert oder auch externe Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette einberechnet werden. Je besser die Rahmenbedingungen insgesamt für die Bio-Verarbeitung sind, desto mehr Raum haben die einzelnen Bio-Akteure und der interne Konkurrenzdruck innerhalb der Branche nimmt ab. Als BÖLW setzen wir uns für eine vielfältig strukturierte Ernährungswirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein, damit gerade auch kleine und mittlere Unternehmen gute Bedingungen für ihren wirtschaftlichen Erfolg finden. Das ist eine wichtige Voraussetzung für ein faires Miteinander.
Weitere Infos:
Sie sind Unternehmer:in eines Bio-Verarbeiters und haben Vorschläge, wie sich die Bio-Verarbeitung stärken und hinderliche Bürokratie abbauen lässt? Teilen Sie Ihre Ideen und Vorschläge mit dem Forschungsprojekt BioVerarbeitungStark. Es wird im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert.
Projektleiterin Carola Krieger vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft nimmt Ihre Daten entgegen und wertet diese aus. krieger@boelw.de