Für Marktforscher Frank Quiring vom Rheingold Institut steht die Biobranche vor einem Scheideweg. Bleibt Bio eine Bewegung oder wird Bio zum Sortiments-Baustein in den Supermarktregalen?

„Für die meisten Menschen ist Bio ein Baustein in ihrem täglichen Konsum-Patchwork. Bio als ein bisschen Gutes für die Welt dient auch zur gefühlten Selbstaufwertung “, erläutert Frank Quiring. Der Verbraucher nutze einzelne Biomomente beim Einkauf gerne als Ergänzung. Dieses Konzept wird im klassischen Lebensmittelhandel mit zweistelligen Zuwachsraten derzeit sehr erfolgreich verfolgt. Für die Konsumenten stehen hierbei der Produktgenuss und die Sicherheit durch Siegel im Vordergrund.

Ein längst noch nicht ausgeschöpftes Potenzial sieht Quiring allerdings für Bio als Path-Work – als grünen Lebensweg. Für immer mehr Menschen gehe die Reise dorthin. Einzelne grüne Momente sind für diese Zielgruppe nicht genug. Sie suchen nach einem konsequenten, nachhaltigen Lebenskonzept. „Die gesättigten Gesellschaften stehen vor einem Peak, man hat Schuldgefühle“, weiß der Marktforscher. Die Verbraucher fühlten sich zunehmend bedroht. Themen wie Klimawandel, Bienensterben, Globalisierung steigerten die Sehnsucht nach Sicherheit. Die neue Ethik und damit die Ansprüche an Unternehmen werden aus seiner Sicht immer weiter zunehmen.

Laut der aktuellen Jugendstudie hat insbesondere die jugendliche Zielgruppe ein ganz starkes Bedürfnis nach Orientierung. Hier zeichne sich eine steigende Erdverbundenheit ab, bei der Bio für die guten Werte stehe. „Der Biohandel muss wieder für eine Bewegung stehen, die für den Konsumenten eine Orientierung anbietet“, so Quiring. Das Wachstumspotenzial für den Fachhandel liegt für den Marktforscher darin, Bio stärker als Lebensorientierung und Gemeinschaftserlebnis zu positionieren. „Die Menschen auf dem grünen Weg suchen nach dem richtigen Bio, sie wollen Teil einer Gemeinschaft sein.“

Durch eine übergreifende Integration von Werten wie Fairness, Nachhaltigkeit, Umweltthemen und Trends wie verpackungsfreier Einkauf könne eine breite Wirkung erzielt werden. Noch sei die Marktbedeutung des grünen Lebensweges kleiner als das Bio-Baustein-Konzept. Doch Frank Quiring ist sicher:  „Der grüne Weg wird größer und breiter werden“.