Mit ihrem Molkerei-Neubau in Usseln beschreitet die Upländer Bauernmolkerei auch neue Wege: Auf Basis einer individuellen Ökobilanz stellt eine Verpackungslinie für Mehrweg-Glas die Weichen für mehr Nachhaltigkeit.
Usseln. Etwa 20 Millionen Euro investiert die Bauernmolkerei derzeit in Usseln in ein neues, hochmodernes Produktionsgebäude, das im Herbst an den Start gehen soll. Mit dem Neubau in der Milchstraße kann die Molkerei ihre Kapazität von derzeit 40 Millionen Kilogramm Biomilch pro Jahr auf 60 Millionen Kilogramm erhöhen – denn der Biomarkt boomt und die Upländer-Warteliste für Milchlieferanten ist lang.
„Die Nachfrage nach Biomilch-Produkten steigt und bei den Verbrauchern wächst das Bewusstsein für regionale und umweltschonende Lebensmittel“, erklärt Geschäftsführerin Karin Artzt-Steinbrink. Der neue Standort verdoppelt die Produktionsfläche auf 3300 Quadratmeter und bietet auch für die Zukunft noch reichliche Ausbaureserven. Im Gegensatz zur alten Molkerei in der Ortsmitte haben die Lastkraftwagen hier zukünftig auf 5000 Quadratmetern Fahrfläche genügend Platz zum Rangieren.
Im Zuge der Neubauplanung stellte die Bauernmolkerei auch ihre Verpackungen auf den Prüfstand. Um sich einen Überblick über die nachhaltigste Verpackungslösung für Frischmilch zu verschaffen, beauftragte sie das Fraunhofer UMSICHT mit einer Ökobilanzstudie: Was ist nachhaltiger: Getränkeverbundkartons, Kunststoff-Standbeutel oder Mehrweg-Glasflaschen? Dabei berücksichtigten die Forscher*innen die Produktion, den Transport und die Entsorgung der unterschiedlichen Verpackungsmöglichkeiten. „Wir freuen uns sehr, dass unsere Studie bei der Entscheidung zu einer nachhaltigen Investition geholfen hat. Unsere Arbeit soll Unternehmen dabei unterstützen, ihre Ökobilanz zu verbessern und nachhaltiger zu werden“, erklärt Mitautorin Anna Schulte, Abteilung Nachhaltigkeit und Partizipation des Fraunhofer UMSICHT.
„Wir wollten nicht einfach nur auf einen aktuellen Trend reagieren, sondern für unsere Molkerei eine ökologisch sinnvolle Lösung finden. Um eine Entscheidungsgrundlage zu erhalten, haben wir uns daher für eine individuelle Verpackungsstudie entschieden“, erläutert Karin Artzt-Steinbrink. Nach der Studie wird Glas im Vergleich zu Milchverbundkarton für die Bauernmolkerei vorteilhaft, wenn sich die Umlaufzahlen auf bis zu 20 erhöhen. Je höher die Rückläufe sind und je kürzer die Distanzen, umso nachhaltiger ist die Glas-Variante im Vergleich. Die Studie ergibt zudem, dass sich die Ökobilanz der Flasche in den nächsten Jahren im Vergleich noch weiter verbessert, da sie zunehmend mit umweltfreundlicheren LKWs transportiert wird.
Nach Auswertung der Studie haben die Gesellschafter der Bauernmolkerei daher beschlossen, neben der Linie für Verbundkarton zusätzlich in eine neue Verpackungslinie für Mehrweg-Glas zu investieren. Die braunen Glasflaschen sollen zukünftig schwerpunktmäßig in der Region angeboten werden. „Da Mehrweg-Glas vielfach nutzbar und zudem sehr gut wiederverwertbar ist, reduzieren wir damit die Abfallmenge und unterstützen die Kreislaufwirtschaft. Für eine Belieferung weiter entfernter Regionen setzen wir weiterhin auf unsere Kartonverpackung“, so Karin Artzt-Steinbrink. In der neuen Produktionsstätte soll dann erstmalig auch Joghurt hergestellt und im 500-Gramm Mehrweg-Glas angeboten werden.
Die neue Produktion in der Milchstraße soll zum Jahresende starten, in der Ortsmitte wird dann zukünftig nur noch Sauermilchquark hergestellt. Auch das Milchmuhseum, der Bioladen und die Verwaltung verbleiben am historischen Standort der ehemaligen Gebirgsmolkerei, die bereits im Jahr 1898 gegründet wurde.