Mit einem neuen Siegel in Gold, Silber und Bronze soll der Bioanteil in Kantinen und Mensen für die Verbraucher zukünftig besser zu erkennen sein. Zahlreiche Initiativen unterstützen die Umstellung auf Bio mit geförderten Beratungskonzepten.

Rund 17 Millionen Menschen essen bundesweit täglich in den Einrichtungen der  Gemeinschaftsverpflegung. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sieht hier ein „Riesenpotential, Jung und Alt mit gesundem, nahrhaftem und nachhaltigem Essen zu versorgen“. Mit dem neuen Bio-Label sollen die Einrichtungen zukünftig freiwillig, einfach und überprüfbar ihren Bio-Anteil kennzeichnen können. Nach dem Verordnungsentwurf kann ein Unternehmen bei einem geldwerten Bio-Anteil von 20 bis 49 Prozent am Gesamtwareneinkaufs mit dem Bio-Logo in Bronze werben, bei einem Bio-Anteil von 50 bis 89 Prozent mit Silber und bei einem Bio-Anteil von 90 bis 100 Prozent mit Gold. Die neue Verordnung erlaubt zudem, dass Unternehmen unkompliziert Bio-Zutaten auf den Speisekarten kennzeichnen und damit werben können.

„In Restaurants und Kantinen gilt schon jetzt: Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Bislang wurden die Bio-Zutaten eines Gerichtes gekennzeichnet. Mit dem neuen Siegel können Küchen und Betriebe nun auch ausweisen, wie viel Bio sie insgesamt verwenden“, erklärt Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). In Deutschland wird der Anteil von Bio in der AHV auf aktuell nur auf etwa zwei Prozent geschätzt. Ein Blick nach Dänemark zeigt, dass es auch anders geht. Die dänische Hauptstadt Kopenhagen hat ihr Ziel, in öffentlichen Küchen 90 Prozent Bio-Zutaten einzusetzen, nach Angaben des dänischen Fachverbandes für Land- und Ernährungswirtschaft bereits erreicht.

Auch hierzulande gibt es Vorreiter. So arbeitet die Kantine Zukunft in Berlin seit 2019 daran, die Qualität der Mahlzeiten mit Beratung und Weiterbildung von Küchenteams zu steigern und auf Bio umzustellen. In einer sechsmonatigen „Kantinen-Werkstatt“ wurden seitdem viele Teams bei der Umstellung der Speisepläne auf mindestens 60 Prozent Bio begleitet, Einkäufe analysiert und optimiert, Potenziale aufgezeigt und gemeinsam gekocht.

Das Erfolgsrezept lautet: Frisch statt Convenience und mehr Gemüse und Rohkost. Damit kommen die Kantinen trotz hohem Bioanteil mit dem gleichen Budget aus. Den Trainingsplan der Kantinen-Werkstatt haben bereits zahlreiche Berliner Großküchen erfolgreich absolviert.  # So konnte das Team der KiTa Prenzelberger Spielmäuse ihren Bio-Anteil von 0 auf 62 Prozent erhöhen. Obst und Gemüse bezieht die Kita sogar zu 90 Prozent in Bio-Qualität. Der Fokus des Speiseangebots liegt auf saisonalen, regionalen und frischen Produkten. 86,62 Prozent der Lebensmittel werden frisch eingekauft und verarbeitet, 74 Prozent des Gemüses und 78 Prozent des Obstes sind saisonal. All dies erreichte das Küchenteam im gegebenen Budgetrahmen.

# Auch die Kindertagesstätte Mariä Himmelfahrt der Caritas in Kladow hat den Bio-Anteil durch das Coaching von 11 auf 72 Prozent angeheben. Das ist eine Steigerung von mehr als 60 Prozent. Zudem ist das Team seit 2022 Teil des Projekts GanzTierStark und arbeitet daran, nur noch Bio-Rindfleisch aus regionaler artgerechter Haltung anzubieten.

# Auf 84 Prozent Bioanteil hat sich das Küchenteam vonHanna vom Kolle nach Abschluss der Kantinen-Werkstatt gesteigert. Dafür hat die Kita des Trägers Hanna GmbH für die täglich 450 Essen den Einsatz von Tiefkühlprodukten stark reduziert, kocht nun mit mehr frischen Produkten und bezieht vermehrt regional produzierte Roh- und Molkereiprodukte.

„In Berlin beweisen wir gerade: 60 Prozent Bio in der Gemeinschaftsgastronomie sind keine Utopie, sondern Realität“, sagt Dinah Hoffmann,  stellvertretende Projektleiterin der Kantine Zukunft. Wichtig sei jetzt, die Küchen bei der Einführung beziehungsweise Ausweitung von Bio-Angeboten bestmöglich zu unterstützen. Durch Beratung und Information aber auch durch eine finanzielle Unterstützung bei den Kontrollkosten.

Das neue Bio-Siegel für Kantinen darf allerdings ausländische Ware europarechtlich nicht ausgrenzen. Um den Absatzkanal für die heimischen Biolandwirte auszubauen, setzen viele Initiativen jedoch auf eine Kombination von Regio und Bio. Ein Option für den regionalen Bio-Einstieg stellen „Aktionsgerichte“ dar. So tischte man in Sachsen in den Kantinen von BMW, Dussman und Co. den sächsischen Eintopf-Klassiker „Schotenklump“ auf. Die Erbsen, Kohlrabi, Knödeln und Rippchen dazu, stammten größtenteils in Bio-Qualität direkt aus dem Leipziger Umland. „Es ist wichtig, dass wir mit solchen Praxisbeispielen zeigen, wie Wirtschaftskreisläufe regional organisiert werden können und die Gemeinschaftsverpflegung profitieren kann“, machte Ludwig Hentschel vom Projekt WERTvoll klar. Und deshalb soll es das Aktionsgericht des Projekts auch im nächsten Jahr geben.

In Bayern unterstützt die Bioland-Initiative „Bio kann jeder“ Schulen, Kindertageseinrichtungen und Cateringunternehmen bei der Einführung eines nachhaltigen Speiseplans. Die Teilnahme an den regionalen Workshops ist kostenlos. Einen bundesweiten Überblick über erfolgreiche Strategien für Bio in der Gemeinschaftsverpflegung bietet die zudem die Initiative BioBitte  der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Im Dialogforum der Plattform diskutieren Catering-Unternehmen, Küchen und Behörden mit Rainer Roehl, Geschäftsführer vom BioBitte-Partner a’verdis, anhand von Praxisbeispielen,  wie der Bio-Anteil in der Praxis noch weiter ausgebaut werden kann.

Termine und Infos zu mehr Bio in Kantinen:

Modellregionenwettbewerb “Ernährungswende in der Region” gestartet

https://www.bioland.de/gastronomie/bio-kann-jeder