Schon seit die Menschheit mit der Landwirtschaft angefangen hat, wurde auch das Saatgut selek-tiert, um ertragreichere und widerstandsfähigere Pflanzen zu erhalten. Erst vor 150 Jahren entstanden allmählich kleine und mittelständische Zuchtunternehmen.

Mit der Professionalisierung der Saatgutzüchtung stiegen die Erträge bestimmter Pflanzenarten und -sorten, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheitsbefall, es wurden Qualitätsverbesserungen erreicht und Missernten gingen zurück. Das ist die positive Seite der Medaille. Die Landwirte griffen natürlich auf diese verbesserten Sorten zurück. Die negative Seite der Medaille ist, dass andere regionale Kulturpflanzenarten und -sorten immer weniger angebaut wurden und in Vergessenheit gerieten.

Diese Einengung auf immer weniger Kulturpflanzen wurde durch den seit den 1980er Jahren einsetzenden enormen Konzentrationsprozess in der Saatgutbranche weiter vorangetrieben. (4) Heute liegt die Saatgutzüchtung in den Händen weniger Konzerne. Den davon größten Marktanteil mit etwa der Hälfte haben die drei Konzerne Monsanto, Du Pont-Pioneer und Syngenta – und die Konzentration schreitet weiter voran.

Die Grafik zeigt, wie dramatisch die Situation zum Beispiel schon für den europäischen Markt für Gemüsesaatgut ist. (5)

90 % des Gemüsesaatgutes sind Hybridsorten. Sie bringen höhere Erträge als samenfeste Sorten, können aber im Gegensatz zu letzteren, nicht nachgebaut werden. (6) Jetzt sind in der Züchtung auch noch gentechnische Verfahren hinzugekommen. Mit deren Hilfe werden die Pflanzen resistent gegen bestimmte Pflanzenbehandlungsmitteln gemacht, zum Beispiel gegen den weltweit mit am meisten eingesetzten und sehr umstrittenen Wirkstoff Glyphosat in Unkrautvernichtungsmittel. Ist es Zufall, dass 5 der 6 größten Agrarchemiekonzerne, die Pestizide herstellen, zugleich auch zu den 10 größten Saatgutkonzernen gehören? (7)

Aber die Entwicklung entfernt sich immer noch weiter von den Landwirten und natürlichen Züchtungs- und Vermehrungsmethoden weg! Patente spülen den Saatgutmultis noch mehr Geld in die Taschen. Die Patentierung von konventionellen Züchtungsverfahren ist zwar verboten, aber für die Pflanzen, die daraus entstehen, kann ein Patent beansprucht werden. Durch geringfügige Änderungen und Schritte können dann Tomaten, Brokkoli, Paprika, Mais oder Salat „Erfindungen“ der Saatgutkonzerne sein. (8) So steigt nicht nur die Abhängigkeit der Landwirte von den Konzernen, sondern auch unsere Ernäh-rungssouveränität gerät in Gefahr.

(4) http://www.zukunftsstiftung-landwirt-schaft.de/media/Dokumente_SGF_Links/Artikel_SGF/Mit_der_Zuechtung_faengt_alles_an_Oekologie_und_Landbau_174_12_15_Willing_Idel.pdf
(5) http://www.martin-haeusling.eu/images/attachments/140128_GreensEFA_Seeds-study_CONCENTRATION_OF_MARKET_POWER_IN_THE_EU_SEED_MARKET_UK.pdf
(6) http://www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=11808&gartnr=91&bernr=04&seite=04
(7) http://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/saatgut-und-patente-auf-leben.html
(8)  https://www.no-patents-on-seeds.org/de/aktion/keine-patente-pflanzen-tiere#langertext