Crispr/Cas ist keine Chipssorte, sondern ein neues gentechnisches Züchtungsverfahren mit viel Sprengstoff. Vertreter der Anti-Gentechnik-Bewegung und die Anbauverbände lehnen dieses Verfahren zunächst einmal klar ab. Der Wissenschaftler und Leiter des Forschungsinstituts für biologischen Landbau Prof. Urs Niggli vertritt jedoch eine offenere Position dazu. Wir haben eine Saatgutzüchterin nach ihrer Meinung gefragt.

Die ökologische Gemüsezüchterin Barbara Maria Rudolf ist im Saat:gut e.V. aktiv. Zudem ist sie auch engagierte Bio-Bäuerin und Züchterin auf Christiansens Biolandhof, sowie Sprecherin des Bundesfachausschuss Pflanzenzüchtung im Bioland e.V.

FairBio e.V.: Schon wieder ein neues Züchtungsverfahren! Mit Crispr/Cas und anderen ähnlichen Verfahren wird ins Erbgut der Pflanzen eingegriffen und es können dort auch synthetisch hergestellte Erbgutabschnitte eingebracht werden. Deshalb sind es doch eigentlich ganz eindeutig gentechnische Verfahren, oder? Was hätte es für Konsequenzen, wenn sie von der EU-Kommission nicht als gentechnische Verfahren eingestuft würden? Die Entscheidung darüber hat die EU-Kommission bislang ja immer wieder verschoben.

Grundvoraussetzung für die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in Europa ist, dass die Wahlfreiheit erhalten bleibt. Mehr als drei Viertel der EuropäerInnen wollen keine Gentechnik in Ihren Lebensmitteln. Das sind eigentlich Mehrheitsverhältnisse, die der Politik eine klare Richtung vorgeben sollten. Agrogentechnik(„grüne Gentechnik“) beinhaltet die Ausbringung von gentechnisch veränderten Konstrukten ins Freiland. Dies birgt ganz andere Risiken, als eine Anwendung im Labor, in Tanks oder unter anderen kontrollierbaren und kontrollierten Bedingungen. Wir sind alle zwangsweise „drin“, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen in die Welt gebracht werden. Die Sorgfaltspflichten, die die Freisetzungsrichtlinie den Ausbringern von gentechnisch veränderten Konstrukten auferlegt, sollen sowohl einen besonnenen und vorsichtigen Umgang wahren, als auch diejenigen, die ohne Gentechnik leben wollen schützen. Zu diesem Zweck sieht die Freisetzungsrichtlinie Vorprüfungen und Dokumentationspflichten während und nach der Ausbringung vor. Das Standortregister informiert die interessierte Öffentlichkeit, wo gentechnisch veränderte Organismen ausgebracht werden.

CRISPR/Cas ist eine gentechnische Methode, daran lässt auch Mdme Charpentier, eine der beiden Entdeckerinnen/Erfinderinnen der Methode, keinen Zweifel:“ Es ist keine Wundermethode. Gentechnik bleibt nach wie vor eine Bastelei, eine „Bricolage“, wie die Franzosen sagen. Die neue Methode ist nur effektiver und vielseitiger.“ (TAZ 19.03.2016).
Würde diese neue gentechnische Methode nicht als Gentechnik deklariert werden, so fielen alle Regeln, auf die wir uns in Europa zum Schutz unserer Umwelt und Gesundheit in der Freisetzungsrichtlinie geeinigt haben, weg. Die gentechnisch veränderten Organismen wären nicht als solche gekennzeichnet, würden unbeobachtet und unkontrolliert (auch was die Folgewirkungen betrifft) ausgebracht und niemand wüsste, wo das geschieht. Als Biobäuerin wäre ich natürlich doppelt besorgt, weil ich nicht nur mich vor möglichen negativen Auswirkungen schützen möchte, sondern auch meine Kunden von mir und uns einwandfreie, gesunde Lebensmittel erwarten. Wie soll ich das garantieren, wenn ich nicht weiß, wo gentechnisch veränderte Pflanzen ausgebracht werden? Wie diese wirken und wie sie sich weiter in der Umwelt auskreuzen?Als Züchterin und Saatgut-Vermehrerin sehe ich natürlich auch die Gefahr der Verunreinigung unseres Saatguts.

FairBio e.V.: Auch die Anbauverbände sehen in den Züchtungsmethoden wie Cripr/Cas ein gentechnisches Verfahren und lehnen dieses strikt ab. Anders Prof. Niggli. Er bescheinigt der Methode ein großes Potenzial, man müsse aber die Anwendung einzeln bewerten. Pflanzenkrankheiten mit herkömmlichen Kreuzungsmethoden beizukommen, hält er für möglich, aber er bezweifelt, dass die Gesellschaft bereit wäre, solche langwierigen Züchtungen zu finanzieren. Er spricht sich für eine Kennzeichnungspflicht der Züchtungsmethode aus, aber die Kennzeichnung solle nicht „gentechnisch verändert“ lauten, sonst wäre „die Methode gestorben, bevor man sie kennt“ usw. Wie erklären Sie sich die Aussagen von Prof. Niggli in dem TAZ-Interview?

Wir diskutieren in der deutschen Bio-Branche seit 2006 über die neuen Pflanzenzüchtungstechniken(NPBT). Wir haben zahlreiche Vorträge, Tagungen und Gesprächsrunden zur inhaltlichen Information, möglichen Einschätzung und Bewertung der neuen Pflanzenzüchtungstechniken für den Ökolandbau und die Bio-Branche veranstaltet. Nicht zuletzt im Rahmen des vom Fibl durchgeführten Projekts „Netzwerk Ökologische Pflanzenzüchtung“.

Nach ausgiebiger Information und Diskussion haben wir uns im Rahmen unseres Dachverbandes BÖLW 2015 auf eine gemeinsame Position und Forderung geeinigt: die neuen Pflanzenzüchtungstechniken greifen direkt in das Genom ein und sind daher als gentechnische Verfahren in den Anhang der Freisetzungsrichtlinie aufzunehmen. Wir fordern ein „update“ des Anhang – die gesetzliche Regelung muss auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Die Sorgfaltspflichten und die Wahlfreiheit müssen erhalten bleiben, so wie die Freisetzungsrichtlinie es vorsieht.

Wir arbeiten auf mehreren Handlungsfeldern sehr gut mit dem Fibl Schweiz und dem Fibl Deutschland zusammen und sind froh über die Arbeit des Instituts und Vereins! Und natürlich respektieren wir die wissenschaftliche Meinungsfreiheit von Prof. Niggli. Unsere Enttäuschung über seine Äußerungen im TAZ Interview sind sicher am ehesten vor dem Hintergrund der sehr knappen Ressourcen für den Ökolandbau und die Bio-Branche zu verstehen. Natürlich wünschen wir uns, dass der Leiter des Fibl nach einem jahrelang geführten Diskurs zum Thema zu uns steht.

Weiterführende Links:
Das Taz-Interview mit Prof. Niggli vom 6.4.16
Ein Interview mit Folgen (bio-markt.info, 11.4.16) Dort sind auch die ablehnenden Stellungnahmen von Bioland und Demeter zu Crispr/Cas zu finden.
Der offene Brief von Saat:gut e.V. an den Stiftungsrat des „Forschungsinstituts für den Ökolandbau, Fibl Schweiz, zu den Äußerungen des Institutsleiters Prof. Urs Niggli
BÖLW-Position zu neuen Züchtungstechniken
Ein Interview mit Barbara Maria Rudolf zum Thema CMS-Saatgut

Crispr/Cas ist keine Chipssorte, sondern ein neues gentechnisches Züchtungsverfahren mit viel Sprengstoff. Vertreter der Anti-Gentechnik-Bewegung und die Anbauverbände lehnen dieses Verfahren zunächst einmal klar ab. Der Wissenschaftler und Leiter des Forschungsinstituts für biologischen Landbau Prof. Urs Niggli vertritt jedoch eine offenere Position dazu. Wir haben eine Saatgutzüchterin nach ihrer Meinung gefragt.

Die ökologische Gemüsezüchterin Barbara Maria Rudolf ist im Saat:gut e.V. aktiv. Zudem ist sie auch engagierte Bio-Bäuerin und Züchterin auf Christiansens Biolandhof, sowie Sprecherin des Bundesfachausschuss Pflanzenzüchtung im Bioland e.V.

Schon wieder ein neues Züchtungsverfahren! Mit Crispr/Cas und anderen ähnlichen Verfahren wird ins Erbgut der Pflanzen eingegriffen und es können dort auch synthetisch hergestellte Erbgutabschnitte eingebracht werden. Deshalb sind es doch eigentlich ganz eindeutig gentechnische Verfahren, oder? Was hätte es für Konsequenzen, wenn sie von der EU-Kommission nicht als gentechnische Verfahren eingestuft würden? Die Entscheidung darüber hat die EU-Kommission bislang ja immer wieder verschoben.

Grundvoraussetzung für die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in Europa ist, dass die Wahlfreiheit erhalten bleibt. Mehr als drei Viertel der EuropäerInnen wollen keine Gentechnik in Ihren Lebensmitteln. Das sind eigentlich Mehrheitsverhältnisse, die der Politik eine klare Richtung vorgeben sollten. Agrogentechnik(„grüne Gentechnik“) beinhaltet die Ausbringung von gentechnisch veränderten Konstrukten ins Freiland. Dies birgt ganz andere Risiken, als eine Anwendung im Labor, in Tanks oder unter anderen kontrollierbaren und kontrollierten Bedingungen. Wir sind alle zwangsweise „drin“, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen in die Welt gebracht werden. Die Sorgfaltspflichten, die die Freisetzungsrichtlinie den Ausbringern von gentechnisch veränderten Konstrukten auferlegt, sollen sowohl einen besonnenen und vorsichtigen Umgang wahren, als auch diejenigen, die ohne Gentechnik leben wollen schützen. Zu diesem Zweck sieht die Freisetzungsrichtlinie Vorprüfungen und Dokumentationspflichten während und nach der Ausbringung vor. Das Standortregister informiert die interessierte Öffentlichkeit, wo gentechnisch veränderte Organismen ausgebracht werden.

CRISPR/Cas ist eine gentechnische Methode, daran lässt auch Mdme Charpentier, eine der beiden Entdeckerinnen/Erfinderinnen der Methode, keinen Zweifel:“ Es ist keine Wundermethode. Gentechnik bleibt nach wie vor eine Bastelei, eine „Bricolage“, wie die Franzosen sagen. Die neue Methode ist nur effektiver und vielseitiger.“ (TAZ 19.03.2016).
Würde diese neue gentechnische Methode nicht als Gentechnik deklariert werden, so fielen alle Regeln, auf die wir uns in Europa zum Schutz unserer Umwelt und Gesundheit in der Freisetzungsrichtlinie geeinigt haben, weg. Die gentechnisch veränderten Organismen wären nicht als solche gekennzeichnet, würden unbeobachtet und unkontrolliert (auch was die Folgewirkungen betrifft) ausgebracht und niemand wüsste, wo das geschieht. Als Biobäuerin wäre ich natürlich doppelt besorgt, weil ich nicht nur mich vor möglichen negativen Auswirkungen schützen möchte, sondern auch meine Kunden von mir und uns einwandfreie, gesunde Lebensmittel erwarten. Wie soll ich das garantieren, wenn ich nicht weiß, wo gentechnisch veränderte Pflanzen ausgebracht werden? Wie diese wirken und wie sie sich weiter in der Umwelt auskreuzen?Als Züchterin und Saatgut-Vermehrerin sehe ich natürlich auch die Gefahr der Verunreinigung unseres Saatguts.

Auch die Anbauverbände sehen in den Züchtungsmethoden wie Cripr/Cas ein gentechnisches Verfahren und lehnen dieses strikt ab. Anders Prof. Niggli. Er bescheinigt der Methode ein großes Potenzial, man müsse aber die Anwendung einzeln bewerten. Pflanzenkrankheiten mit herkömmlichen Kreuzungsmethoden beizukommen, hält er für möglich, aber er bezweifelt, dass die Gesellschaft bereit wäre, solche langwierigen Züchtungen zu finanzieren. Er spricht sich für eine Kennzeichnungspflicht der Züchtungsmethode aus, aber die Kennzeichnung solle nicht „gentechnisch verändert“ lauten, sonst wäre „die Methode gestorben, bevor man sie kennt“ usw. Wie erklären Sie sich die Aussagen von Prof. Niggli in dem TAZ-Interview?

Wir diskutieren in der deutschen Bio-Branche seit 2006 über die neuen Pflanzenzüchtungstechniken(NPBT). Wir haben zahlreiche Vorträge, Tagungen und Gesprächsrunden zur inhaltlichen Information, möglichen Einschätzung und Bewertung der neuen Pflanzenzüchtungstechniken für den Ökolandbau und die Bio-Branche veranstaltet. Nicht zuletzt im Rahmen des vom Fibl durchgeführten Projekts „Netzwerk Ökologische Pflanzenzüchtung“.

Nach ausgiebiger Information und Diskussion haben wir uns im Rahmen unseres Dachverbandes BÖLW 2015 auf eine gemeinsame Position und Forderung geeinigt: die neuen Pflanzenzüchtungstechniken greifen direkt in das Genom ein und sind daher als gentechnische Verfahren in den Anhang der Freisetzungsrichtlinie aufzunehmen. Wir fordern ein „update“ des Anhang – die gesetzliche Regelung muss auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Die Sorgfaltspflichten und die Wahlfreiheit müssen erhalten bleiben, so wie die Freisetzungsrichtlinie es vorsieht.

Wir arbeiten auf mehreren Handlungsfeldern sehr gut mit dem Fibl Schweiz und dem Fibl Deutschland zusammen und sind froh über die Arbeit des Instituts und Vereins! Und natürlich respektieren wir die wissenschaftliche Meinungsfreiheit von Prof. Niggli. Unsere Enttäuschung über seine Äußerungen im TAZ Interview sind sicher am ehesten vor dem Hintergrund der sehr knappen Ressourcen für den Ökolandbau und die Bio-Branche zu verstehen. Natürlich wünschen wir uns, dass der Leiter des Fibl nach einem jahrelang geführten Diskurs zum Thema zu uns steht.

Weiterführende Links:
Das Taz-Interview mit Prof. Niggli vom 6.4.16
Ein Interview mit Folgen (bio-markt.info, 11.4.16) Dort sind auch die ablehnenden Stellungnahmen von Bioland und Demeter zu Crispr/Cas zu finden.
Der offene Brief von Saat:gut e.V. an den Stiftungsrat des „Forschungsinstituts für den Ökolandbau, Fibl Schweiz, zu den Äußerungen des Institutsleiters Prof. Urs Niggli
BÖLW-Position zu neuen Züchtungstechniken
Ein Interview mit Barbara Maria Rudolf zum Thema CMS-Saatgut