Jahrzehnte hat die Biobranche für eine Agrarwende gekämpft. Nun muss sie beweisen, dass sie das Ziel 30 Prozent Öko-Landbau bis 2030 auch operativ umsetzen kann. Angesichts der aktuellen Preisdebatten im Handel derzeit keine leichte Aufgabe findet Bioland-Präsident Jan Plagge.

„Unser Rolle hat sich geändert, wir fordern nicht nur, wir müssen auch liefern“, erklärt Bioland-Präsident Jan Plagge auf den Öko-Marketingtagen auf Schloß Kirchberg zum Jahresende. Die Biobranche stehe nun im Mittelpunkt der Erwartungen und müsse das Geforderte Schritt für Schritt umsetzen. Die EU erwarte hierzu zukünftig jährlich im September eine Bilanz aus den Mitgliedsländern und werde die Marktentwicklung, das Konsumverhalten, den Bioanteil in öffentlichen Kantinen sowie das Umstellungsinteresse seitens der Landwirtschaft überprüfen.

Doch auf dem Weg zum gewünschten Ziel liegen derzeit große Steine. „Was gerade im deutschen Handel passiert ist unglaublich. LEH, Discount und auch der Naturkostfachhandel überbieten sich dabei gegenseitig, die Verhinderer der Inflation zu sein“, erklärt Jan Plagge in einer Podiumsdiskussion. Das sich in einer Phase der Rohstoffknappheit bei gleichzeitiger Nachfragesteigerung ein derartiger Teufelskreis entwickle, sei schlichtweg paradox.

„Die Einkäufer sind in ihrem System so gefangen, dass sie wider besseren Wissens von ihren Lieferanten Preisstabilität oder sogar Preissenkung verlangen. Das ist unverschämt, weil sie genau wissen, dass die realen Kosten gestiegen sind“, ärgert sich Plagge. Auf der Handelsseite herrsche ein System, das offensichtlich nicht in der Lage sei, faire und langfristige Konditionen anzubieten. In dieser Schnittstelle liege die Archillesferse des gesamten Umbaus des Ernährungssystems.

„Wir versuchen eine Preistransparenz herzustellen, doch die Argumente der Anbieterseite interessieren nicht. Der Handel interessiert sich nur dafür, wie sich der Wettbewerb preislich positioniert“, beschwert sich Plagge. Aus kartellrechtlichen Gründen fehle die Option, dass der Handel die wahren Preise abfragen könne. „Der Einkäufer braucht eine belastbare Information, welche Preise die Landwirte brauchen, um zu überleben und planen zu können. An diese Lücke müssen wir dringend ran“, so Plagge. Die neue GAP Verordnung biete hier erste Ansätze für mehr Kostentransparenz.

Selbstkritisch räumt der Bioland-Chef ein, dass sich der Bioverband bislang stark auf die Agrarpolitik fokussiert hat. Zukünftig müsse die Arbeit neu ausgerichtet werden. „Die Landwirtschaft alleine schafft die Veränderung nicht ohne die Hersteller und Händler“, so Jan Plagge. Die Biobranche brauche neue Allianzen, um auch die Wirtschafts- und Finanzpolitik zu verändern.

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