Vor genau 40 Jahren wurde das Motto „Jute statt Plastik“ zum Inbegriff des alternativen Lebensstils. Biogroßhändler und FairBio-Mitglied Hermann Heldberg erklärt im Interview, an welchen Stellschrauben er in Sachen Verpackung dreht.

FairBio: Europaweit starten Konsumenten derzeit Protestaktionen, um in Supermärkten auf überflüssige Plastikverpackungen aufmerksam zu machen. Welche Alternativen siehst Du zur Minimierung von Plastikmüll?

Als Großhändler bieten wir für unsere Läden verschiedene Optionen, um die Plastikflut einzudämmen. Unter dem Motto „Mehr Weck statt Einweg“ haben wir vor zwei Jahren ein neues Pfandsystem für Weck-Gläser in drei verschiedenen Größen entwickelt. Die Pfandgläser haben die neuen praktischen Keep-Fresh-Verschlüsse, die so richtig dicht halten. So kann damit auch Flüssiges problemlos transportiert werden. Die Weck-Gläser werden zum Einkaufspreis ohne Aufschlag an unsere Biohändler abgegeben und sind bei Kunden sehr beliebt.

FairBio: Was kann ein Biogroßhändler im internen Betriebsablauf tun, um den Materialeinsatz zu reduzieren? Wo siehst Du zukünftig noch Handlungsbedarf?

Ein Knackpunkt im Großhandel ist nach wie vor das Wickeln der Rollwagen mit Folie. Dazu laufen bei uns derzeit Tests mit speziellen Haltesystemen wie beispielsweise dem Rolly-Coat, der Rollwagen wie ein Mantel umschließt. Die Minimierung von Verpackung ist ein kontinuierlicher Prozess in unserem Unternehmen. So achten wir bei unseren Eigenmarken schon immer auf nachhaltige Verpackungslösungen. Die Konserven unserer Eigenmarken füllen wir ausschließlich in Glas ab, Getreide wird in Papiertüten verpackt. Um beim Transport Umverpackungen einzusparen, benutzen wir für unsere Trockenwaren ausschließlich Ifco-Mehrwegkisten, die auch für Gemüse eingesetzt werden. Außerdem versuchen wir, im Molkereisortiment ein möglichst breites Mehrwegsystem umzusetzen und bieten für Gemüse zudem Mehrwegbeutel. Neu ins Sortiment aufgenommen haben wir auswischbare Beutel von Umtüten, die für feuchte Ware oder belegte Brote geeignet sind.

FairBio: Apropos Umtüten – derzeit schießen bundesweit zahlreiche Unverpackt-Läden wie Pilze aus dem Boden. Wie beurteilst Du diese Entwicklung? Ist dieses Konzept eine Nische oder bereits auf dem Weg zum Mainstream?

Die Unverpackt-Läden sind derzeit noch eine Nische. Das Wachstum verdeutlicht aber, dass der Verbraucher für alternative Verpackungslösungen und individuelle Mengeneinheiten offen ist. In Frankreich findet man beispielsweise in den großen Genossenschaftsläden lange Regalsysteme, wo die Kunden lose einkaufen können. Auch in den USA steigt die Zahl der Artikel kontinuierlich, die unverpackt in den Läden angeboten werden. Die Unverpackt-Welle schwappt gerade erst nach Deutschland über. Unseren Partnerläden bieten wir bereits seit drei Jahren entsprechende Regale mit 16 oder 24 Glasbins für lose Ware an. Das Gros der Biohändler schreckt bislang aber noch vor dem höheren Aufwand zurück.

 

Weitere Infos:

www.umtueten.de
https://www.ifco.com/de/de/ifco-rechner-zur-reduzierung-der-umweltbelastung/060681124d164815