Rike Kappler, Inhaberin der Bio-Vollkornbäckerei Cibaria steht für eine alternative Unternehmenskultur. Um ihre andere Form des Wirtschaftes deutlicher zu kommunizieren, hat die Biounternehmerin mit ihrem Team eine GWÖ-Bilanz erstellt.
FairBio: Rike, warum hast Du Cibaria nach den Kriterien der Gemeinwohl-Ökonomie bilanziert?
Inspiriert hat mich dazu das gleichnamige Buch von Christian Felber. Da hatte endlich jemand zusammengefasst, was ich als Biounternehmerin bereits seit 20 Jahren mache. Die Gemeinwohl-Ökonomie erklärt nicht den finanziellen Gewinn, sondern das Wohl von Mensch und Umwelt zum obersten Ziel des Wirtschaftens. Wir orientieren uns an dieser Bewegung, weil Cibaria sinnvoll zur Weiterentwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen will. Der GWÖ-Ansatz will Unternehmen, die etwas für die Umwelt und das Wohl der Gemeinschaft tun, dies auch entsprechend anrechnen. Es ist ein gutes Instrument für die Biobranche, da die Unternehmen bereits ein Polster in Bezug auf Umweltaspekte und Rohstoffbeschaffung mitbringen. Um aber weitere Aspekte unserer anderen Unternehmenskultur zu beschreiben, bietet sich die GWÖ-Bilanz an. Sie steht für ein anderes Verständnis von betrieblicher Zusammenarbeit und ermittelt den Einfluss des Unternehmens auf unser gesellschaftliches Umfeld.
FairBio: Welche Auswirkungen hat das Bewertungssystem im Unternehmensalltag?
Das Verfahren wirkt sich intern sehr positiv aus. Die Bilanz wird in unternehmensinternen Workshops erstellt, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Arbeitszeit freiwillig mitmachen können. Die Identifikation der Beteiligten mit und das Verständnis für das Unternehmen sind dadurch gewachsen. Es ist ein Instrument zur Steigerung der Zufriedenheit, weil sich damit Gestaltungsräume öffnen. Das Team nimmt sich stärker als Teil des Ganzen wahr und übernimmt mehr Verantwortung. Ich kann als Unternehmerin dann eher loslassen.
FairBio: Als Mitglied der FairBio Qualitätskommission engagierst Du Dich für mehr Fairness für heimisches Bio. Welche Vorteile bietet die GWÖ-Bilanz einem FairBio zertifizierten Unternehmen wie Cibaria?
Es ist eine gleichgerichtete Intention mit einer großen Schnittmenge. Die FairBio Zertifizierung beschert uns in der GWÖ-Bewertung deutliche Synergieeffekte durch den regionale Einkauf unserer Rohwaren sowie die transparenten Preisverhandlungen mit unseren Lieferantinnen und Lieferanten. Die Feedback-Option für Lieferanten, die sich nicht fair behandelt fühlen, ist eine sehr gute Vorlage für die GWÖ-Bilanz. Von Vorteil ist zudem die FairBio Zertifizierung durch eine unabhängige Kontrollstelle. Beim Kriterium soziale Verantwortung hat sich FairBio zudem an der GWÖ orientiert.
FairBio: Welche Vorteile bietet die GWÖ-Bilanz in der Außenwirkung?
Die positive Einstellung meiner Mitarbeiter strahlt nach außen ab. Ich bekommen dazu viele Rückmeldungen von den Konsumenten. Meine Aufgabe als Chefin sehe ich darin, mein Unternehmen als System so zu steuern, dass die Motivation im Team erhalten bleibt und die Menschen Freude an ihrer Arbeit haben. Dafür muss man Freiräume für Kommunikation, Austausch und Reflektion geben. Die GWÖ-Bilanz ist hierfür ein guter Rahmen. Unser Betriebsklima ist zugleich auch ein Vorteil im Wettbewerb um neue Fachkräfte. Obwohl wir nicht das höchste Lohnniveau bieten können, wechseln diese öfter zu uns, weil sie bei uns mitgestalten können.
Weitere Infos hier: www.cibaria.de
Ein kurzer Erklärfilm zur Gemeinwohl-Ökonomie: www.youtube.com/watch?v=cVFvyd7SmxU