Mit dem Außer-Haus-Absatz sichert Biofleisch NRW seit 15 Jahren eine vollständige Vermarktung  ganzer Tiere. Geschäftsführer Andreas Sperber erläutert FairBio die speziellen Anforderungen in diesem Vertriebskanal.

Welche Hürden gilt es beim Vertrieb für Großverbraucher zu überwinden?

Zunächst muss man sich auf die Organisation der Großküchen einstellen und dann auf die Menschen. Da ist jeder ein bisschen anders. Wenn man die Küchenchefs persönlich kennt, dann läuft es. Kommt ein Unternehmen neu hinzu, spielt sich nach drei bis vier  Wochen alles ein. Die Kundengruppe fordert eine hohe Flexibilität von ihren Lieferanten. Auch das Timing ist herausfordernd. Küchen sind gewohnt, die Ware bis mittags zu bestellen und am nächsten Morgen geliefert zu bekommen. Größere Abnehmer senden uns eine grobe Vorplanung der Menüs in der Vorwoche. Dann können wir entsprechend planen. Um diesen Absatzkanal zu managen, haben wir das Rohmaterial für gewisse Artikel  immer im Froster vorrätig. Dann können wir dementsprechend  flexibel produzieren.

Erwartest Du durch die neue AHV-Förderung des Bundes eine Absatzsteigerung?

Von der aktuellen Förderung profitieren wir eher weniger. Die Tendenz geht in den Kantinen eher dazu, beim Bio-Gericht das Fleisch komplett weg zu lassen. Schwierig ist auch die Teilzertifizierung von Zutaten. Fleisch wird aus Kostengründen oftmals aus konventioneller Haltung eingesetzt. Gemüse und Beilagen sind in Bio-Qualität nicht der Kostentreiber. Anders sieht es bei den Kliniken mit eigener Küche aus. Wir beliefern derzeit fünf Kliniken des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. NRW-Pionier ist Thomas Voss in Münster, der die Bioschiene in seiner Klinik bereits vor 15 Jahren vorangetrieben hat. Die Ausrede Biofleisch sei in der Kalkulation zu teuer, hat er nie gelten lassen. Berücksichtigt man die geringeren Garverluste bei Bio und passt die Mengeneinheiten ernährungsphysiologisch an, kommt man auch mit dem Menüpreis hin.

Was bedeutet dies konkret? 

Wir produzieren jede Woche frisch für unser Kunden. Ob die Frikadelle  80 Gramm oder 120 Gramm wiegen soll, ist uns egal, wenn die Kunden mit einem bestimmten Vorlauf vorbestellen. Die vielen Optionen machen die Sache innerbetrieblich nicht einfacher, sind aber ein guter Türöffner bei den Kunden. Mit den unterschiedlichsten Kalibrierungen stellen wir uns als Unternehmen sehr flexibel auf die Kundenwünsche ein. Auf diese Stellschrauben sind wir spezialisiert.

Welche Vorteile bietet der Absatz an Großverbraucher für Euch?

Wir sind ein Ganztiervermarkter und vermarkten in der Außer-Haus-Verpflegung viele Produkte, die in den anderen Märkten so nicht nachgefragt werden. Wir setzen auf ein Zusammenspiel von Naturkostfachhandel, Direktvermarkter und Großverbraucher. Wenn wir im Sommer ein Rind schlachten, verkaufen wir die Steaks zwar im Biohandel. Doch ein Tier besteht aus vielen weiteren Fleischstücken. Diese verarbeiten wir dann zu Gulasch und Geschnetzeltem für den Außer-Haus-Markt. Für uns sind diese Kunden wichtige Partner, mit denen wir aktuell etwa 15 Prozent unseres Umsatzes machen.

Wie stellt Ihr Euch technisch auf Anforderungen ein? Welche zusätzlichen Investitionen sind für Kantinen und Großküchen erforderlich?

Die Anlagen zum Garen standen bereits in unserer Produktion. Neu gekauft haben wir einen Bällchenformer. Dieser formt nun kleine Hackfleischbällchen für Kinder. Wenn der Kunde einen bestimmten Absatz garantiert, dann investieren wir auch in spezielle Maschinen. Der Trend geht immer stärker zu küchenfertigen Produkten. Wir produzieren insgesamt 20 verschiedene Convenienceprodukte und liefern sie im Ruhrgebiet mit sechs eigenen LKWS direkt an die Küchen und Caterer. Weiter entfernte Abnehmer werden über einen Logistiker einmal pro Woche beliefert.

Wo steckt noch Potenzial für den Absatz heimische Biotiere?

Angesicht der Personalsituation wird es zukünftig vermehrt große Anbieter geben, die zentral kochen und ausliefern. Wir entwickeln derzeit Projekte mit der Ökomodell-Region Münsterland und Minden-Lübbeke. Wir möchten die Tiere insgesamt bündeln und daraus küchenfertige Produkte für die Kantinen großer Firmen herstellen. Wenn da nichts geht – dann wollen sie nicht.

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