Die starke Konzentration im Handel steht zunehmend in der Kritik. Da gesetzliche Regelungen bislang wenig Wirkung zeigen, formieren sich neue Bündnisse. Auf dem Biofach-Podium der FÖM steht am Donnerstag zur Diskussion, wie die Marktmacht der Supermärkte stärker reguliert und Fairness besser abgesichert werden kann

Die Bauernproteste zur Grünen Woche haben nicht nur viele Traktoren ins Rollen gebracht. Durch den lautstarken Protest ist auch die Debatte um faire Handelsbedingungen in Bewegung gekommen. So forderte die Initiative „Konzernmacht beschränken“ von Bundesregierung und Bundeskartellamt klare Maßnahmen gegen die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels. Dem Bündnis gehören unter anderem das Forum Umwelt und Entwicklung, das Forum Fairer Handel, Lobby Control, Oxfam Deutschland und Foodwatch an. Ihre Forderung: Die Regierungsfraktionen müssen das Agrarorganisationen-und-Lieferkettengesetz (AgrarOLKG) verschärfen, um unfaire Handelspraktiken zu unterbinden. Das Bundeskartellamt sollte eine Sektoruntersuchung zum LEH starten und neue strukturelle Abhilfemaßnahmen überprüfen.

Der Handel ist extrem konzentriert: Mehr als 85 Prozent des Marktes entfallen auf die vier großen Supermarktketten Edeka, Rewe, Aldi sowie die Schwarz Gruppe aus Lidl und Kaufland. Diese Konzentration gibt den Supermärkten eine enorme Marktmacht, deren Leidtragende die Landwirt:innen sind.

„Wer das Höfesterben stoppen will, muss über die Macht der Supermärkte sprechen“, fordert Matthias Fiedler vom Forum Fairer Handel. „Die Bundesregierung muss dringend die Regeln gegen unfaire Handelspraktiken verschärfen. Wir brauchen ein besseres Agrarorganisationen- und -Lieferkettengesetz mit einer Ombuds- und Preisbeobachtungsstelle, einer Generalklausel und einem weitgehenden Verbot sogenannter grauer Handelspraktiken.“

„Die Nachfragemacht der Supermärkte setzt Bäuer:innen extrem unter Druck. Sie berichten von einem Preisdiktat der Supermärkte. Dies hemmt die nötige Transformation im Agrarsektor, gerechte Löhne und Investitionen in ökologischen Anbau“, so Steffen Vogel, Referent für ein gerechtes Ernährungssystem bei Oxfam Deutschland. Nur ein kleiner Teil der Preise, die Kund:innen an der Supermarktkasse bezahlen, landet tatsächlich bei den Landwirt:innen, laut einer Auskunft der Bundesregierung nur etwa 14 Prozent.

Hier sind neben der Bundesregierung insbesondere das Bundeskartellamt und die Monopol-Kommission gefragt. „Das Bundeskartellamt sollte eine Sektoruntersuchung zum Lebensmitteleinzelhandel starten“, erklärt Ulrich Müller von der neuen Anti-Monopol-Organisation Rebalance Now. „Dabei sollte es seine neuen Befugnisse für Abhilfemaßnahmen ausschöpfen. Die Monopolkommission sollte zeitnah die Marktkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel untersuchen. Dabei sollte sie auch analysieren, wie der Preisdruck in der Lebensmittel-Lieferkette weitergegeben wird.

Der Präsident des Bundeskartellamtes Andreas Mundt erklärte allerdings in einem Interview mit der Lebensmittel Zeitung, dass sein Haus keinen Bedarf dafür sehe, das Kartellrecht zu verschärfen, um der Nachfragemacht des Handels Einhalt zu gebieten. Die Instrumente seien absolut ausreichend.

Das BMEL hat nun die Monopolkommission beauftragt, die Lebensmittellieferkette vom Landwirt bis zum Handel im Hinblick auf Nachfragemacht und Konzentration zu untersuchen.  Dabei soll der Fokus auf Marktstrukturen, Angebot und Nachfrage, Arten von Vertragsbeziehungen, Verhandlungsmacht, aber auch Gewinnen und Margen liegen, zitiert die LZ einen Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL).  Der Schutz der Lieferanten aus der Agrar- und Lebensmittellieferkette vor der überlegene Verhandlungsmacht des Handel steht jetzt auf der politischen Tagesordnung. Doch die Möglichkeiten der nationalen Behörden sind offensichtlich begrenzt.

Gemeinsam mit der Allianz „Faire und Ökologische Marktwirtschaft“ (FÖM) stellt FairBio  auf dem Biofach-Kongress daher die praktische Umsetzung von Fairness in Bio-Wertschöpfungsketten zur Diskussion. Welche Optionen es gibt, um den sozialen und fairen Aspekt der Nachhaltigkeit im Handelsalltag zu sichern? Ein Gesetz? Eine Verpflichtungserklärung? Eine private Zertifizierung? Wie kann Fairness in der Lieferkette auch entsprechend in Wert gesetzt werden?

Auf dem Podium diskutieren:  Dr. David Jüntgen, BLE-Referatsleiter Unlautere Handelspraktiken,  Matthias Fiedler, Koordinator FÖM und Geschäftsführer Forum Fairer Handel, Balz Strasser, Managing Direktor Bio Suisse, Karin Artzt-Steinbrink, FairBio Vereinsvorsitzende und Geschäftsführerin der Upländer BauernmolkereiModeration: Johanna Stumpner, bei der AöL zuständig für Recht und Internationales

Termin eintragen: Donnerstag, den 15. Februar von 15.45 bis 16.30 Uhr im Raum Kiew im NCC Ost