Nach dem Corona-Aufschwung ist der Biohandel derzeit auf Talfahrt. Wie geht eine Demeterbäckerei damit um?  FairBio hat bei der DLS Vollkorn-Mühlenbäckerei im Rheinland nachgefragt.

Die Lieferanten von Naturkostläden stehen derzeit vor großen Herausforderungen.  Seit zwei Jahren steigen die Rohstoff- und Materialpreise kontinuierlich, der gesetzliche Mindestlohn wurde um 25 Prozent erhöht und die Energiekosten sind ein großer Kostenfaktor. Für die Bäckereien prognostiziert deren Verband zwei weitere harte Jahre ohne Kostendeckung. Gleichzeitig sind viele kleinere Biohändler vom Markt verschwunden, andere kämpfen ums Überleben. Nach 30 Jahren kontinuierlichem Wachstum, musste die Branche im vergangenen Jahr den ersten Einbruch verkraften.

Beruf mit Berufung: Der Handwerksbäcker David Lee Schlenker will  die Menschen jeden Tag mit gutem Demeter-Brot glücklich machen. Foto: DLS

„Wir haben ein Drittel unserer Kunden verloren. Es geht immer noch weiter nach unten, die Talsohle im Naturkostfachhandel ist noch nicht erreicht“, konstatiert David Lee Schlenker, Inhaber der DLS Vollkorn-Mühlenbäckerei. Da die Auftragslage derzeit schwierig ist, musste Schlenker erstmalig in der Firmengeschichte einige Mitarbeiter entlassen. Vor sechs Jahren hat er rund fünf Millionen Euro in die Produktion investiert, die Kapazitäten verdoppelt und die Technik optimiert. „Die Entwicklung im Bereich Energie haben wir lange vorher gesehen und uns darauf vorbereitet. Wir haben zwei Photovoltaik-Anlagen und produzieren 25 Prozent unseres Stroms selbst.  Auch Warmwasser und Heizung laufen bereits komplett über Wärmerückgewinnung. Wir haben nahezu keine Stellschrauben mehr, an denen wir noch drehen können“, erklärt der Demeterbäcker.

Soli-Brot: Mit verschiedenen Festpreisen zeigt sich die DLS solidarisch mit ihren Kunden. Foto: FairBio

Das Unternehmen versorgt heute mit 120 Mitarbeitern drei eigene Läden, zwei Marktstände und 130 Lieferkunden täglich mit frischem Biobrot. Der gebürtige Amerikaner verfolgt im Rheinland eine Mission Possible: „Meine Berufung ist es, tausende Menschen jeden Tag mit gutem Brot glücklich zu machen.“ Die Bäckerei ist bekannt für ihre milden Roggenbrote – rund 60 Prozent des verarbeiteten  Getreides ist Roggen. Über Jahrzehnte hinweg waren die Roggenbrote der Renner im Sortiment. Vor fünf Jahren mussten sie Platz eins abgeben: Dinkel-Nussecken haben sie in Umsatz und Stückzahl überrundet. Der neue DLS-Renner wird nun auch im kleinen Dreierpack als SB-Ware verkauft. „Der Trend zur SB-Ware gefällt uns nicht, ist aber Handelsrealität. Im SB-Regal können wir aktuell das größte Zusatzwachstum generieren“, erklärt Schlenker.

Süße Renner: Dinkel-Nussecken führen die Hitliste in der Demeter-Bäckerei an. Foto: FairBio

Mit neuen Eckdaten muss die Handwerksbäckerei auch im Brotsortiment umgehen. „Wir waren vor der Krise bei einem Preis 4,80  Euro für ein Kilobrot. Um die gestiegenen Produktionskosten zu decken, brauchen wir 7, 20 Euro  – liegen aktuell jedoch nur bei 6,30 Euro. Da auch die Verbraucher mit gestiegenen Kosten kämpfen, subventioniert Bäckerei als Soli-Angebot ein 750 Gramm Demeter-Weizenbrot für 1,99 Euro und ein 1-Kilo Demeter-Roggenbrot für 4,99 quer bis zum Jahresende. Auch bei Kuchen und Keksen gibt es entsprechende Angebote. „Niemand kann sagen, dass Bio zu teuer ist. Wir können diese Krise nur überstehen, wenn wir solidarisch sind“, sagt Schlenker.

Diese Solidarität gilt für die FairBio- zertifizierte Handwerksbäckerei auch auf der Lieferantenseite. Ein Wechsel im Rohstoffeinkauf ist für den Firmenchef keine Option, denn für ihn steht das B in Bio für Beziehungen. „Wir müssen die langjährigen Lieferstrukturen mit unseren regionalen Landwirten sichern“, sagt Schlenker. Der Demeterbäcker bezieht sein Getreide seit  30 Jahren vom Biohof Becker, der die Rohware selbst anbaut und von acht weiteren Landwirten bündelt – insgesamt 400 bis 500 Tonnen Getreide werden pro Jahr aus der Region Hennef  in der Bäckerei verarbeitet.  „Bei unseren langfristigen Preisabsprachen einigen wir uns auf einen Preis, der für beide Seiten fair ist“, sagt Schlenker.  Mit diesem Grundprinzip der FairBio-Zertifizierung sichert der Bäckermeister die Zukunft der Bioland- und Demeterlandwirte in der regionalen Wertschöpfungskette. Die Mühlenbäckerei vermahlt  85 Prozent des regionalen Getreides jeden Tag frisch im Haus. Die restlichen 15 Prozent verarbeitet eine Mühle und liefert diese Rohware wieder zurück an die Bäckerei.

Während  auf der Lieferantenseite Kontinuität im Mittelpunkt steht, zeigt sich das Unternehmen auf Produktionsseite sehr experimentierfreudig.  Allein das Standardsortiment umfasst 60 verschiedene Brotsorten sowie 50  Kuchenteile plus Kekse und Saisonware. „Jeder Jeck ist anders“, favorisiert der Handwerksbäcker hier das Rheinländer Motto.  „Unser Sortiment ist ein sehr lebendiger Prozess. Wir entwickeln jährlich etwa 50 neue Produkte, davon landen etwa 15 im Programm“, so Schlenker.  In der leistungsstarken Konditorei wird daher ein breites  Saisonangebot für Ostern, Weihnachten, Sommer, Winter und die fünfte Jahreszeit im Rheinland kreiert.  Dieses Standbein will Schlenker zukünftig weiter ausbauen.

Die Ausweitung der Absatzkanäle an den LEH ist für die Demeter-Vertragsbäcker keine Option. „Die ziehen Bio einfach nicht richtig durch“, sagt Schlenker. Als Handwerksbäcker sieht er sein Sortiment am besten im Naturkosthandel aufgehoben. Auch wenn es aus seiner Sicht problematisch ist, wenn die Bioläden sich nach der ersten Wachstumsphase oftmals von zwei oder drei zusätzlichen Bäckern beliefern lassen. Diese Aufsplittung mindere den Gewinn für alle.

Trotz der derzeit schwierigen Phase sieht er seine Bäckerei gut für die Zukunft aufgestellt. In drei Jahren will er die Geschäftsführung an eine firmeninterne Nachfolgerin übergeben. „Wir treffen heute schon viele Entscheidungen gemeinsam“, so Schlenker. Mit den vielfach ausgezeichneten Demeter-Broten will er auch weiterhin die Menschen als Kunden gewinnen, „die einfach das beste Brot kaufen wollen“. Der schlagfertige Unternehmer hat dafür auch schon den passenden Slogan: #zusammenbackenwirdas.