Um sich gegen die geänderten Wetterbedingungen wie Starkregen, lange Trockenheit und hoher Hitze zu wappnen, erleben klimaresistente Produkte wie Hirse derzeit ein Comeback. Doch oftmals ist ein langer Atem nötig, bis sich neue Konzepte erfolgreich in der Praxis etabliert haben. Die Food and Agriculture Organization (FAO) hat deshalb das Jahr 2023 zum internationalen Jahr der Hirse ernannt.
Hirse stammt ursprünglich aus der Mongolei und Afrika. Doch genau wie Buchweizen und Hanf hat der Hirseanbau auch in Mitteleuropa bereits eine jahrhundertelange Tradition. Mit der Klimakrise erlebt das Getreide nun ein Comeback, denn es kommt mit Hitze und Dürre besser zurecht als andere Getreidearten. Hirse kann weltweit für eine vielfältige und gesunde Ernährung sorgen – beispielsweise als Ergänzung zum Reis. Auch für die Konsument:innen in Nordeuropa bietet Hirse einige Vorteile, da sie kein Gluten enthält. Im Vergleich zu anderen Getreidearten ist Hirse zudem unkompliziert in der Zubereitung: einfach aufkochen und zwanzig Minuten bei niedriger Hitze quellen lassen.
Interessant ist Hirse auch für die Ökolandwirtschaft, da sie wenige Probleme mit Krankheiten oder Schädlingen hat. Die frostempfindliche Pflanze wird erst im Mai gesät. Durch ihre kurze Wachstumsperiode von nur vier bis fünf Monaten kann sie in Nordeuropa als Ausfallfrucht eingesetzt werden, wenn Spätfrost andere Getreide zerstört hat. Zudem geht Hirse sehr sparsam mit dem zur Verfügung stehenden Wasser um.
Fotos: Reinhold Schumann /Kornkreis
„Hirse ergänzt unsere Fruchtfolge sehr gut. Wir säen Ende Mai bis Anfang Juni aus. Dadurch kann die Fläche vorher für einen Futterschnitt genutzt werden, was für uns als viehhaltender Betrieb sehr interessant ist“, erklärt Biolandwirt Christoph Bosch von der Biotal Hofgemeinschaft. „Hirse bildet auch bei hohen Temperaturen noch Biomasse und Ertrag. Eine Herausforderung stellt allerdings die Abreife dar“, weiß Christoph Bosch, der Hirse seit drei Jahren im Anbauplan hat. Der Biolandwirt erntet die Rispenhirse je nach Witterung zwischen Ende September und Anfang Oktober mit einem normalen Mähdrescher. „Bei einem warmen Spätsommer haben wir die Chance, noch im September zu ernten. Wenn es Oktober wird, muss das Getreide meist nachgetrocknet werden.“
Die Hofgemeinschaft Biotal ist Gründungsmitglied der fairbio-zertifizierten Erzeugergemeinschaft Kornkreis, die die Hirse dann vermarktet. Die ersten Anbauerfahrungen in der Erzeugergemeinschaft sind durchaus vielversprechend. “Der Ertrag liegt bei bis zu drei Tonnen pro Hektar “, freut sich Wolfgang Wenzel, Geschäftsführer der Kornkreis Erzeugergemeinschaft. Vor dem Verkauf an Konsument:innen wird die Hirse bei einem spezialisierten Schälbetrieb in der Region sorgfältig gereinigt und geschält. „Die Suche nach einer passenden Möglichkeit zur Verarbeitung war nicht leicht, da nur wenige Betriebe auf die Schälung von Hirse spezialisiert sind“, erklärt der Kornkreis-Chef. Die Hirse sauber von der Schale zu trennen, ohne dass dabei Bruchkorn entstehe, sei eine große Herausforderung. Die Erzeugergemeinschaft habe jedoch glücklicherweise einen Verarbeiter gefunden, der diese Aufgabe erfolgreich meistere.
Die Kornkreis-Landwirte vermarkten ihre Rispenhirse in ihren eigenen Hofläden, regional, aber auch bundesweit über den Naturkost-Großhandel und über Online-Händler. Sie würden gerne noch mehr Hirse anbauen, wenn die Nachfrage wächst. „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher kennen Hirse jedoch noch nicht als Nahrungsmittel“, sagt Kornkreis-Geschäftsführer Wolfgang Wenzel. „Fast alle Kunden, die unsere Hirse probieren, sind begeistert. Es gibt aber immer noch viele Kunden, die Hirse noch nie getestet haben. In dieser Zielgruppe liegt unser zukünftiges Vermarktungspotential.“
Mit vielfältigen Rezepten soll sich dies zukünftig ändern. Hirse lässt sich für viele unterschiedliche Gerichte in der süßen oder herzhaften Küche verwenden: als Bratling, Füllung für Gemüse, als Reisalternative, Hirsotto oder in Süßspeisen. Jeden Freitag ist im Biotal-Hofladen von Christoph Bosch Burgertag. Als vegetarische Alternative zum hofeigenen Rindfleisch bietet das Biobistro inzwischen auch Hirseburger an – mit persönlicher Empfehlung vom Chef.
Hier geht es zum Hofladen im Biotal