Biobauern suchen neue Absatzkanäle. Kantinen wollen mehr Bio anbieten. Doch die entsprechenden Verarbeitungsbetriebe fehlen. In der Ökomodell-Region Kulturland Kreis Höxter wird dafür an einer Lösung gearbeitet.  Im alten Kornhaus in Eissen soll ein Zentrum für regionale Bio-Wertschöpfung entstehen.

Knapp 800 Meter Luftlinie liegen zwischen dem Gelände des ehemaligen Kornhauses in Eissen und dem Biolandhof Engemann. Gemeinsam mit seinem Bruder Andreas hat sich FairBio-Vorstand Klaus Engemann das 26 000 qm große Grundstück im vergangenen Jahr gesichert. “Das Gelände hatte für unseren Ort  eine Funktion, diese wollen wir nun wieder herstellen”, erläutert der Bio-Unternehmer die Investition. Etwa die Hälfte der Fläche benötigt der Biobetrieb für eigene Lager-, Erfassungs sowie Büroräume,  die andere Hälfte stellt der Biolandwirt der Gemeinde für die Projektentwicklung des geplanten Bio-Wertschöpfungszentrums zur Verfügung. In diesem Ort  zukünftig verschiedene Akteure arbeiten, sich vernetzen, Synergien nutzen und sich gegenseitig inspirieren.


Neue Zukunft für altes Kornhaus: Auf insgesamt 26 000 Quadratmetern sollen ein kommunales Bio-Wertschöpfungs-Zentrum sowie Lagerhallen für den Biobetrieb Engmann entstehen.  Foto/Grafik: FairBio, m4-architektur

Um die Optionen für potenzielle Partner zu visualisieren, hat ein Architekt die noch vorhandene Fachwerkstruktur in verschiedenen Entwürfen neu interpretiert. Dabei enstand ein heterogene Komplex mit  verschiedenen Gebäuden. Dabei könnte das Bio-WEZ könnte zudem ein Musterhaus für biogenen Baustoffe werden. Ein entsprechenedes Förderprojekt wurde bereits bewilligt. Ein  regionaler Unternehmen hat neue Betonziegel mit Hanffaser entwickelt und patentieren lassen,  die eine deutliche CO2-Reduzierung durch Einsparung von Sand und Kies ermöglichen.

Das Interesse am BioKornHaus in der Region ist groß. Die ersten Unternehmen haben sich bereits als zukünftige Mieter angemeldet. “Neben einer regionalen Linsenmanufaktur wäre Platz für  zwei bis drei weitere Lebenmittelverarbeiter”, erklärt Klaus Engemann.  So werden im Landkreis Höxter jährlich 5000 bis 8000 Stück Wild erlegt. Jäger und Wild gibt es in der Region genug, doch auch hier fehlen bislang die Vermarktungsstrukturen. Das Bio-Zentrum  würde sich zudem als Vertriebsstabndort für Abokisten anbieten. Der Biolandwirt schätzt den potentiellen Absatz auf bis zu 1000 Kisten pro Woche. Eine steigende Bio-Nachfrage zeichnet zudem im Bereich Schulcatering ab.  Ein regionaler Anbieter will auch Bio-Menüs in Schulen anbieten.  Damit dies alles in regionalen Kreisläufen umgesetzt werden kann, fehlt jedoch bislang ein Schäl- und Schneidebetrieb für Obst und Gemüse als Vorlieferant.  “Wir suchen daher derzeit nach Kooperationpartnern  für ein entsprechendes Gemeinschaftsunternehmen, das täglich  4 bis 5 Tonnen Gemüse verarbeiten kann”, erklärt Klaus Engemann. Neben der Lebensmittelmanufaktur könnte das BioKornHaus zudem zukünftig als Co-Working-Place für Regionalentwicklung und Ökolandbau sowie als Gemeinde-Treffpunkt fungieren.   “Hier können Mitarbeiter  von  Ökomodellregion und Regionalbewegung zukünftig Synergien nutzen”, argumentiert Klaus Engmann.

Weiterhin engagiert sich der Kreis Höxter stark beim Thema Gemeinwohl.  Ein Leaderprojekt will hier die erste zusammenhängende Gemeinwohl-Region in Deutschland entstehen lassen. Von den zehn Städten, haben drei bereits eine GWÖ-Bilanz erstellt, drei weitere Städte sind bereits gestartet. Jedes Jahr sollen zudem fünf neue Unternehmen hinzukommen. Das Thema Gemeinwohlökonomie soll zudem in Schulen und Bildung verankert werden. Ein entsprechendes Seminar wurde in der Hochschule OWL bereits etabliert. Engagiert zeigt sich die Region auch in Sachen regenerativer Energie. Neben Holzchnitzel und Solaranlagen wird an der Umsetzung von höheren Speicherkapazitäten für regenerative Energie und Wasserstofftechnik gearbeitet.

“Regionale Wertschöpfungszentren sind ein wirksames Instrument, um die dringend benötigte Wende in der Ernährungswirtschaft einzuläuten”, erklärt Brigitte Hilcher, Vorsitzende der Regionalbewegung NRW. Die Nachfrage nach regionalen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln steige, doch der Aufbau regioanler Wertschöpfungsketten sei mit großen bürokratischen Hürden verbunden.  Die Regionalbewegung NRW unterstützt das Vorhaben mit einem Bio-Wertschöpfungskettenmanager, um das Gemeinschaftsunternehmen aufzubauen.